Vita

Geboren in Kamen

Schulischer und außerschulischer Keramikunterricht

Studium in Münster; gleichzeitig Unterrichtung von Jugendlichen in der Gestaltung von Keramik

Berufstätigkeit in Düsseldorf und Münster

Seit 1996 freischaffende Künstlerin in Münster

Ab 2007 Keramikarbeiten in Verbindung mit Draht

Mitglied im Sculpture Network

Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen:

Münster, Mühlenhof, jährlich, 2000 bis 2012
Essen Borbeck, Alte Kuesterei, 2009
Eppstein, 2010
Wolbeck, Atelier punkt, 2011
Bad Pyrmont, 2011
Iserlohn, Historische Fabrikanlage Maste-Barendorf, 2012
Sendenhorst, Galerie Lydia Brüll, 2013
Dortmund, Westfalenhallen, 2015
Wolbeck, Galerie Rudi Fred Linke, 2015
Seit 2018 Dauerausstellung im eigenen Atelier in Münster Wolbeck.
Borken, Artline und Open Art Galerie, 2020, 2022, 2023
Münster, Torhaus, 2024

Veröffentlichungen:

Tony de Kaper-van Aalst, Spitzen und Ton, Kantbrief, 2011

10 Jahre ART TO TAKE, Historische Fabrikanlage Maste-Barendorf Iserlohn, 2013

Westfalium Heft Nr. 84 / Winter 22

Künstlerische Aussage

Ute Lilei bevorzugt für ihre künstlerische Arbeit Ton und Porzellan. Mit diesen Materialien verleiht sie ihren Objekten Gestalt und Ausdruck. Beeinflusst von der besonderen, reduzierten Ästhetik der japanischen Keramik, die durch die von der Künstlerin verwendeten Brenntechniken wie Raku, Naked Raku und Kapselbrand vervoll­ständigt wird, entstehen Kunstwerke, die in ihrer Anmutung und keramischen Ausdrucks­weise neu und einzigartig sind. Eine Reduzierung auf das Wesentliche und farbliche Zurückgenommenheit prägen ihre Objekte. Oft fügt die Künstlerin der Keramik weitere Elemente wie durchscheinend wirkende Drahtgebilde – die sie für jedes Objekt pass­genau, dreidimensional erstellt – oder integrierte Lichtquellen hinzu. Fast gegensätzlich wirkende Materialien verschmelzen dabei zu einer neuen, weitergehenden Einheit.

Die Darstellung und Verstärkung von Licht, die Gegensätze von Licht und Schatten, sowie von Transparenz und Geschlossenheit, die Aufhebung des Gegensatzes zwischen schwerer Keramik und leichtem Draht – kann der leichte Draht die schwere Keramik tragen? –, der Kontrast zwischen leichten, gefächerten Tonelementen, die wie verbranntes Papier wirken, und glatter, schwerer, glänzender Keramik sind Gegenstand der Arbeiten der Künstlerin. Die Objekte erscheinen durch ihre Oberfläche geheimnisvoll und verändern ihr Aussehen im Laufe des wechselnden Tageslichts. Immer neue Facetten lassen sich erkennen. Sie fordern den Betrachter auf, sich immer wieder neu auf die Objekte einzulassen und führen ihn in eine besondere Objektwelt.

Durch die Art der Brennverfahren – die Keramik trägt die Rauchspuren des Feuers – entstehen zufällige Texturen und Farbenspiele, die durch die Drahtkompositionen vertieft und erweitert werden. So eröffnet sich der Künstlerin die Möglichkeit, ihre Experimente mit dem keramischen Material unendlich fortzusetzen. Die Oberflächen ihrer Keramik erzählen  Geschichten, die durch die Drahtelemente weitergesponnen und verdichtet werden. Sie laden dazu ein, ihnen nachzuspüren. Manchmal scheinen die Spuren auf der Keramik in längst vergangene Zeiten zurückzuführen, andere Objekte bringen die Gedanken der Künstlerin zu politisch-gesell­schaftlichen Themen zum Ausdruck. Aktuell finden die verän­derte Wahrnehmung der Umwelt und die Folgen unseres Handelns Eingang in ihr künstlerisches Schaffen.

In ihrem behutsamen und intuitiven Umgang mit dem Material Ton findet eine intensive Kommunikation und Zwiesprache zwischen der Künstlerin und dem zu verarbeitenden Material statt, so dass sie für den Betrachter in ihren Objekten fast sichtbar wird.

Ausgegrenzt, 2012 | Keramik (Kapselbrand) | Edelstahldraht | Acrylplatte | Marmor | H 16 cm, B 49 cm, T 15 cm

Ausgegrenzt, 2012 | Keramik (Kapselbrand) | Edelstahldraht | Acrylplatte | Marmor | H 16 cm, B 49 cm, T 15 cm

Brenntechniken

Raku

Auf eine geschrühte Keramik wird eine Glasur aufgetragen. Die Keramik wird nach dem Trocknen der Glasur in den Brennofen gestellt und auf ca. 950 – 1000°c erhitzt. Im heißen Zustand wird die Keramik mit einer Zange aus dem Brennofen geholt und zunächst kurz abgestellt; das führt zu den ersten Rissen in der Glasur. Sodann kommt die Keramik in eine im Bodenbereich mit Sägespänen gefüllte Metalltonne. Die Sägespäne fangen an dem heißen Keramikobjekt Feuer. Der entstehende Rauch schwärzt die entstandenen Risse und die von Glausur freigelassenen Stellen dauerhaft rauchschwarz.

Naked Raku

Die Keramik wird im Rohzustand stark poliert und anschließend geschrüht. Nach dem Schrühbrand wird auf die Keramik eine Schicht aus Quarz und Kaolin und darüber eine Schicht Glasur aufgetragen. Die Glasur kann sich wegen der Quarz-Kaolin-Schicht nicht fest mit der Keramik verbinden. Durch das Räuchern in der mit Sägespänen gefüllten Tonne nach dem zweiten Brand – siehe Raku – dringt Rauch in die sich bildenden Risse ein und verbindet sich fest mit der Keramik. Nach dem Abkühlen wird die lose Glasur von der Keramik entfernt und das schwarz gerauchte Rissnetz ist deutlich zu erkennen.

Kapselbrand

Beim Kapselbrand werden organische Materialien mit der geschrühten Keramik in eine Kapsel gegeben. Beim Brand reagieren die unterschiedlichen Naturmaterialien miteinander und verbinden sich fest mit der Keramik. Sie verbrennen zu farblich sehr harmonischen, das Naturmaterial noch teilweise sichtbar lassenden Spuren auf der Keramik.

Ton-Gespinste‘

Einführende Worte von Lydia Brüll, Sendenhorst, anlässlich der Eröffnung der Ausstellung von Ute Lilei-Dorn am 20. April 2013

Guten Abend liebe Kunstfreunde – Ich freue mich, dass Sie auch dieses Mal wieder den Weg in mein Kunstatelier gefunden haben.

Ich bin wieder auf Entdeckungsreise gegangen und dabei der Künstlerin Ute Lilei-Dorn begegnet und habe sie mit ihren außergewöhnlichen Objekten in meine Galerie eingeladen. Liebe Ute ich begrüße Dich sehr herzlich und danke Dir, dass Du uns für einige Wochen an Deinem kreativen Schaffen teilhaben lässt.

Ute Lilei-Dorn liefert das Paradigma dafür, wie sich mit verschiedenen Materialien höchst unterschiedlicher Art und Herkunft erfolgreich umgehen lässt. Sie arbeitet mit Ton und Draht und setzt diese beiden Materialien in ihren Kunstwerken in eine spannungsreiche Beziehung. Beides sind Materialien, welche uns im alltäglichen Leben, aber auch in der Kunstszene begleiten. Die Keramik in Form von Gebrauchsgegenständen wie Schalen, Teller, Becher, aber auch in Form von Kunstobjekten – der Draht als ein elementarer Bestandteil im Alltag, aber auch in Form der Drahtkunst.

Die Juristin Lilei-Dorn lebt und arbeitet in Münster. Schon früh fühlte sie sich zur Kunst hingezogen. Was einst als Ausgleich zu ihrem Beruf gedacht war, hat sie längst zu ihrer Hauptbeschäftigung gemacht. Durch ihre Ausstellungen in Bochum, Münster, Essen, Eppstein, Bad Pyrmont, Wolbeck und in den Niederlanden ist ihre Kunst bekannt geworden.

Die Gestaltung ihrer Objekte ist zeit- und arbeitsaufwendig. Steht das Objekt in seiner Gesamtheit aus Keramik und Draht vor ihrem geistigen Auge, fertigt sie zunächst eine Zeichnung an. Es folgen drei getrennte Arbeitsschritte: Ihre Ton-Elemente modelliert sie in der Aufbautechnik. Diese werden im Rohzustand stark poliert bis sie sich ganz glatt anfühlen, anschließend werden sie geschrüht. Danach folgt die Veredelung der Oberfläche nach dem Raku-, Naked-Raku (Nackter Raku) oder Kapselbrand-Verfahren. Bei Raku und Naked-Raku handelt es sich um zwei Jahrhunderte alte japanische Brenntechniken, die sich mittlerweile im Westen großer Beliebtheit erfreuen. Bei beiden Verfahren wird auf eine geschrühte Keramik Glasur aufgetragen. Nachdem diese getrocknet ist, wird die Keramik im Brennofen bei 950-1000 Grad Celsius erhitzt. Noch im heißen Zustand wird die Keramik mit einer Zange aus dem Brennofen geholt und kurz abgestellt. Das führt bereits zu den ersten Rissen in der Glasur. Anschließend kommt die Keramik in einen Behälter mit Sägespänen und fängt Feuer. Der Rauch dringt in die Risse auf der Keramik und ergibt die einzigartigen Spuren auf der Keramik.

Interessante Ergebnisse bringt auch das Kapselbrandverfahren. Hierbei experimentiert die Künstlerin mit organischen Materialien etwa mit Früchten, Blättern, Pferdehaaren. Die geschrühte Keramik wird mit den Materialien in eine Kapsel gegeben. Beim Brand hinterlassen diese die verschiedensten Farbspuren auf der Keramikoberfläche. Allein schon die Keramiken der Künstlerin sind in ihrer formalen und farblichen Ästhetik sehr anspruchsvoll und besitzen für sich eine starke Ausstrahlung.

Im zweiten Arbeitsschritt wird der vorab geplante Drahtbereich gestaltet. Für jedes Objekt wird ein eigener Entwurf (Klöppelbrief) erstellt. Mit der alten Handarbeitstechnik Klöppeln verbinden wir das Herstellen von Spitze durch Kreuzen, Drehen oder Verflechten von Fäden, die auf Klöppel (Holzstäbe) gewickelt sind. Lilei-Dorn bedient sich zwar des Klöppelns, ändert es jedoch für ihre Arbeiten ab. Farblich passend zu den Rauch- beziehungsweise zu den intensiv-farbenen Farbspuren auf der Keramikoberfläche stellt sie filigrane Drähte aus Kupfer, Silber, Edelstahl oder fein versilberte oder vergoldete leonische Fäden zusammen, die sie anschließend flach oder dreidimensional verklöppelt. Die Verwendung von mehr als 60 Klöppelpaaren, das bedeutet mehr als 120 Klöppel, ist bei ihren Arbeiten keine Seltenheit, verrät die Künstlerin. Die Drahtfäden sind zum Teil dünn wie ein Haar, aber im Gegensatz zum üblichen Klöppelgarn wesentlich steifer. Dies birgt die Gefahr in sich, dass sie leicht brechen. Dadurch wird das ganze Klöppelwerk zerstört und die Künstlerin muss wieder von vorn beginnen.

Im dritten Arbeitsschritt werden die Keramiken mit den transparenten, filigranen, zum Teil mehrfarbigen Drahtgespinsten zu einer neuen Kunstform weiter entwickelt. Damit hat Lilei-Dorn für ihre Werke eine ganz eigene plastische Sprache gefunden. Dabei beeinflussen die Flexibilität und Formbarkeit des Materials die bildnerische Entscheidung der Künstlerin. Betrachten wir die so kreierten „Ton-Gespinste“ aufmerksam, so zieht einerseits ein jedes der Formenelemente unseren Blick auf sich und fasziniert im Detail, andererseits schafft die Künstlerin Blickbezüge und das fasziniert noch mehr. Denn damit verwandelt sich die optische Erfassung der einzelnen Formen unmittelbar in weiterführende, gleitende visuelle Bewegungen. Unsere Augen folgen Biegungen und Schwingungen. Ruhe und Bewegung, Aufstrebendes und Herabfallendes, Licht und Dunkel setzen die Akzente. Dort, wo das licht- und luftduchlässige Drahtgeflecht die Keramik umhüllt, oder wie zufällig mit ihr verbunden scheint – stets wirkt das „Ton-Gespinst“ wie ein Energiefeld. Es scheint ihm ein Drang innezuwohnen, der Drang sich auszudehnen, sich in den Raum zu ergießen, weiter zu fließen. Kommt Licht mit ins Spiel zeigen sich uns nicht nur Licht durchwirkte, zart glitzernde Gespinste, sondern unsere Aufmerksamkeit wird zudem auf die Vielzahl von Schattenbildungen des Kunstwerks gelenkt. Der Schatten als der Widerschein des Objektes ist unzertrennlich

Lilei-Dorn gibt ihren Objekten Titel. Vielen Kunstfreunden dienen Titel als die wichtigste Information, die ihnen sozusagen den Einstieg in das Werkverständnis ermöglichen sollen. Ein Titel hilft jedoch nicht nur ein Kunstwerk zu identifizieren, sondern er wird zu einem Bedeutungsträger und beeinflusst in einem erheblichen Maß auch die Rezeption des Betrachters. Er verweist neben der visuellen Dimension also immer auf eine erweiterte sprachliche/erzählerische Dimension. Diese wird vom Künstler eingesetzt, um bestimmte Aspekte zu transportieren und Assoziationen in eine bestimmte Richtung zu lenken.

Lilei-Dorn ist sich dieser Tatsache bewusst. Gewiss, sie möchte mittels der Titel zwischen ihren Werken und ihrer Aneignung durch den Betrachter vermitteln, jedoch beabsichtigt sie mit dem Titel keinesfalls den Assoziationsfluss des Betrachters zu hemmen. Gerade im Spannungsfeld zwischen Werk, bewusst gewähltem Werktitel und Betrachter erhofft sie sich einen erweiterten Dialog. Denn von jedem Werk geht eine Wirkkraft auf den Betrachter aus, die in ihrer Interpretation mehrschichtig ist und die jeder Betrachter auf seine Weise erfühlen wird.

Lydia Brüll, Einführende Worte anlässlich der Eröffnung der Ausstellung von Ute Lilei-Dorn am 20. April 2013

Tag der offenen Tür, 30.04.-01.05.2022: Zwiesprache mit einem Objekt

Artikel aus Westfalium, Heft Nr. 84, Winter 2022:

Text zur Ausstellung im Torhaus 2024